Das Soziale Entschädigungsrecht
Grundgedanke des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) ist die Entschädigung von Gesundheitsschäden, für deren Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat (§ 5 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB I)).
Berechtigter Personenkreis
Leitgesetz des Sozialen Entschädigungsrechts bildet das Bundesversorgungsgesetz (BVG), welches am 01.10.1950 zur umfassenden sozialen Absicherung der Opfer der Weltkriege und deren Hinterbliebenen in Kraft getreten und bis heute ständig geändert und ergänzt worden ist. Das BVG findet entsprechende Anwendung auf die Nebengesetze des Sozialen Entschädigungsrechts. Die im Folgenden aufgeführten Personenkreise und ihre Hinterbliebenen können Versorgung wie Kriegsbeschädigte oder deren Hinterbliebene entsprechend dem BVG erhalten:
- Zivildienstgesetz (ZDG): Zivildienstpflichtige, die im Zusammenhang mit einer Dienstverrichtung eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, nach Beendigung des Dienstverhältnisses,
- Opferentschädigungsgesetz (OEG): Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben (Opfer von Gewalttaten),
- Infektionsschutzgesetz (IfSG): Personen, die durch eine öffentlich empfohlene oder gesetzlich vorgeschriebene Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben (bis 31.12.2000: Impfschaden nach dem Bundes-Seuchengesetz (BSeuchG),
- Häftlingshilfegesetz (HHG): deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 8. Mai 1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den Vertreibungsgebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und infolge dieses Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben,
- Strafrechtliches und Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG, VwRehaG): Personen, die infolge einer Freiheitsentziehung oder einer Verwaltungsentscheidung, die mit wesentlichen Grundsätzen eines Rechtsstaates unvereinbar sind, in der ehemaligen DDR in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben.
Leistungen nach dem BVG
Leistungen der Beschädigtenversorgung
- Grundrente: Beschädigte ab einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) um 30 erhalten eine monatliche Grundrente als Entschädigung für die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit. Die Grundrente ist jeweils in Zehnerstufen gestaffelt bis zum GdS 100.
- Ausgleichsrente: Schwerbeschädigten ab einem GdS von 50 wird eine Ausgleichsrente gewährt, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustandes, hohen Alters oder aus sonstigen Gründen keine zumutbare Erwerbstätigkeit ausüben können.
- Berufsschadensausgleich: Rentenberechtigte Beschädigte erhalten einen Berufsschadensausgleich zur Abgeltung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit.
- Pflegezulage: Beschädigte, die infolge der Schädigung so hilflos sind, dass sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen, erhalten eine Pflegezulage. Die pauschale Pflegezulage wird in 6 Stufen gewährt, je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege.
Leistungen der Hinterbliebenenversorgung
- Hinterbliebenenrente: Hinterbliebene erhalten Versorgung in Form einer Rente, wenn zwischen der Schädigung und dem Tod des Beschädigten ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
- Witwen-/ Waisenbeihilfe: Auch ohne Kausalzusammenhang zwischen Schädigung und Tod des Beschädigten wird Witwen und Waisen Hinterbliebenenversorgung in Form einer Beihilfe gewährt, wenn die Schädigung sich beeinträchtigend auf die Hinterbliebenenversorgung (bspw. aus der gesetzlichen Rentenversicherung) ausgewirkt hat.
- Bestattungs- und Sterbegeld: Beim Tod eines Versorgungsberechtigten wird ein Bestattungsgeld und ein Sterbegeld gezahlt. Als sonstige Leistung wird beim Tod von Hinterbliebenen ein Bestattungsgeld gezahlt.
Heil- und Krankenbehandlung
- Heilbehandlung erhalten Beschädigte für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind.
- Krankenbehandlung wird Angehörigen Schwerbeschädigter, unentgeltlich tätigen Pflegepersonen von Pflegezulageempfängern sowie Witwen, Waisen und versorgungsberechtigten Eltern gewährt.
Orthopädische Versorgung
- Die Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, Blindenführhunden und mit dem Zubehör der Hilfsmittel, die Instandhaltung und den Ersatz der Hilfsmittel und des Zubehörs sowie die Ausbildung im Gebrauch von Hilfsmitteln.
- Die Gewährung von Ersatzleistungen umfasst bspw. finanzielle Hilfen zum Erwerb und zur Haltung eines Kraftfahrzeuges.
Orthopädische Versorgung erhalten neben den Versorgungsberechtigten auch deren Hinterbliebene und Angehörige sowie Pflegepersonen von Pflegezulageempfängern bei einer über 6 Monate andauernden Pflege. Ersatzleistungen erhalten nur die Versorgungsberechtigten.
Badekuren
Stationäre Behandlung in einer Kureinrichtung (Badekur) kann versorgungsberechtigten Personen unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden, wenn sie zur Sicherung des Heilerfolges oder zur Vorbeugung einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes, einer Pflegebedürftigkeit oder einer Arbeitsunfähigkeit notwendig ist.