Die Waldweide im Stadtwald Herrenberg
Etablierung einer historischen Nutzungsform zeigt Wirkung
Mehr Artenschutz und ein freizeittouristisches Highlight

Im Herrenberger Stadtwald gibt es ein besonderes Ausflugsziel, die Waldweide in der Nähe des Wanderparkplatzes Mönchberger Sattel. 2019 startete man hier auf einer Fläche von rd. 8,3 Hektar das Projekt, den Sommer über eine kleine Herde Kühe im Wald weiden zu lassen – eine Nutzungsform, die historisch betrachtet, über Jahrhunderte hinweg durchaus üblich war. Die Tiere bleiben vom Frühsommer bis in den Herbst hinein und gestalten durch das Abweiden einen lichten Wald von heute rd. 8,3 Hektar Größe, der damit zum Lebensraum für andere Tier- und auch Pflanzenarten wird.
Eben diesen Effekt lässt das Amt für Forsten seit Beginn des Projektes durch verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen erheben – mit erfreulichen Ergebnissen. Ein Student der Uni Tübingen untersucht aktuell im Rahmen seiner Masterarbeit das Leben in den Tränk-Teichen auf der Waldweide. Neben häufig vorkommenden Amphibienarten wurde dabei auch der Europäische Laubfrosch, der stark gefährdete Kammmolch und auch der Feuersalamander nachgewiesen.
Eine zweite wissenschaftliche Arbeit der Hochschule Rottenburg beschäftigt sich mit der Vegetationsentwicklung auf der Fläche. Eine Studentin untersucht dabei, wie sich diese seit der letzten Betrachtung 2022 durch die Beweidung verändert hat. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2026 erwartet. Gesichert ist schon jetzt, dass der seltene Sperlingskauz, eine sehr kleine Eulenart, hier offenbar wieder einen Lebensraum gefunden hat. Er gehört zu den Zielarten im Vogelschutzgebiet Schönbuch; das sind die Arten, deren Erhaltung besonders wichtig scheint, um die Lebensgemeinschaft des Gebiets zu schützen und zu fördern – quasi die Leitarten, deren Schutz auch Anderen zugutekommt.
Die vierbeinigen Landschaftspfleger und Sommerfrischler, die die Waldweide überhaupt erst möglich machen, sind Galloways und gehören der Schloßberg-Rind GbR. Die weiße Leitkuh Lucy ist fast von Beginn an mit dabei (seit 2020). In diesem Sommer sind neben ihr noch eine weitere Kuh mit Kalb sowie ein junger Stier vor Ort. Die Kosten für die Beweidung und damit für die Betreuung der Tiere übernimmt in diesem Jahr die Bernhard-Veil-Stiftung. Die Stiftung wurde erst 2021 gegründet und setzt sich eigentlich für den Erhalt und die Entwicklung von Urwäldern ein. Im Fokus der Stiftung steht aber auch der Schutz von Insekten, welche die Lebensgrundlage für viele Vögel und Amphibien darstellt sowie auch zur Befruchtung für unzählige Pflanzenarten zwingend erforderlich und unerlässlich sind.
Eine schöne Synergie besteht bei diesem Projekt darin, dass neben mehr Biodiversität auch ein freizeittouristisches Highlight entstanden ist. An der Waldweide ist ein Besuchersteg mit Sitzgelegenheiten installiert, von dem man einen schönen Blick in die Weide hat. Und für den Hinweg bzw. eine Runde um die Waldweide gibt es die Land.Tour 9 „WaldWeide“, konzipiert von der Tourismusinitiative Schönbuch-Heckengäu. Der Weg bis zur Waldweide vom Mönchberger Sattel ist barrierearm, der Infosteg und die Plattform selbst dann barrierefrei. Die gesamte Rundwanderung ist 5 Kilometer lang, der Spazierweg nur zur Waldweide ist ca. 1,5 Kilometer.
Die Herrenberger Waldweide ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Herrenberg und der Forstbehörde im Landratsamt Böblingen. Nähere Infos zur Land.Tour unter www.schoenbuch-heckengaeu.de, Stichwort Erleben, oder www.herrenberg.de/waldweide.